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Leseprobe

  Das Ei des Columbus
  Schiller, Goethe und
die Donau
  Der »alte Esel« von
Weltenburg
  Inhaltsverzeichnis

 

Der »alte Esel« von
Weltenburg

 

 

 

Am 31. Juli 2005 machten wir einen Ausflug vom Gäuboden donauaufwärts nach Kelheim. Da es keinen eigenen Bahnhof hat, muss man fünf Kilometer weiter in »Saal an der Donau« aussteigen und ein Taxi nehmen, da sonntags fast keine Busse fahren. Wir erwarteten deshalb, dass am Bahnhof die Taxis nur so drängelten, aber es war kein einziges weit und breit zu sehen. So suchten wir die Dorfwirtschaft auf und fragten, ob er, also der Wirt, uns ein Taxi rufen könne. Er war in München aufgewachsen und viele Jahre als U-Bahn-Fahrer beschäftigt gewesen, erzählte er bis das Taxi kam, darüber hinaus hatte er schon alles mögliche gemacht; aber nun war er wieder in die Heimat sozusagen seiner Väter zurückgekehrt, um noch einmal und wohl zum letzten Mal was Richtiges aufzubauen. Der Schweinsbraten koste bei ihm nur 4 Euro 30, da ihm kein schneller Gewinn, sondern eine zufriedene Kundschaft wichtiger sei, betonte er.

Das Taxi fuhr uns direkt zur Befreiungshalle, die zwischen der Altmühl und der Donau auf dem urkeltischen Michelsberg liegt und einem Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg gleicht. Wir stiegen die Wendeltreppe hinauf und überblickten das Land, ohne dass uns schwindlig wurde; danach sahen wir auf die Parkettierungen innen hinunter, und nun wurde uns allen schwindlig. Das, so verständigten wir uns, k onnte an den geometrischen Mustern am Boden liegen. Mit dem Ausflugsschiff fuhren wir den Donaudurchbruch entlang und ließen uns die natur- und menschheitsgeschichtliche Bedeutung der jeweiligen Felsen erklären – eine Felsenkirche, Räuberbehausungen, eine Römersiedlung. Man kann zwar nicht sagen, dass wir direkt enttäuscht gewesen wären, aber wir hatten uns den Komplex irgendwie höher, erhabener vorgestellt: Felsenschlünde, durch die kaum noch das Sonnenlicht dringt.

 

Nach einer guten halben Stunde kamen wir beim Kloster Weltenburg
an und freuten uns auf das Mittagessen. Das viel gelobte dunkle Bier schmeckt wirklich leicht und süffig. Die Klosterkirche wirkt von außen zwar bescheiden, wir hätten sie sogar beinahe übersehen, weil sie eingerüstet war; innen aber sieht man ihr die »vielberühmte Asamkirche« gleich an. Alleine das Nischengemälde »Ankunft der Benediktiner in Amerika mit der ’Santa Maria‘ des Christoph Columbus 1493, ein Jahr nach der Entdeckungsfahrt des Columbus« reizte mich thematisch. Wie die Pallas Athene, nur friedlicher, steht die Jungfrau Maria am Schiffsbug und führt den Columbus und seine Schar in die Neue Welt, bestaunt von zwei am Ufer sitzenden Indianern, die auf ihre Bekehrung warten.

Vorm Kloster liegt ein herrlicher Kiesstrand, ideal zum Sonnenbaden. Ein Opa ging voll bekleidet, mit hochgekrempelter Hose, zum Wasser und frotzelte: So meine Lieben, ich gehe jetzt in die Donau – zerstreitet euch nicht wegen dem Erbe – verkauft das Haus – teilt das Geld schön brav unter euch auf. Doch tatsächlich rutschte er aus, was ihn aber erst recht belustigte, denn nun ließ er sich sachte von der Donau treiben, trieb – alleine sein Käppi überm Wasser wirkte schon komisch – seine Frau, die Kinder und Enkelkinder, und auch uns, zu weiteren Witzen an. Das Ganze überzeugte durch eine Klarheit und Heiterkeit, wie sie bisher selten bei Opas anzutreffen war.

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